In der Eigentümerversammlung ergehen die für die Wohnungseigentümergemeinschaft maßgeblichen Beschlüsse für die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Diese reichen etwa von der Bestellung und Abberufung des Verwalters über die Genehmigung von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnungen bis hin zur Durchführung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Damit Beschlüsse gefasst werden können, muss die Eigentümerversammlung beschlussfähig sein. Ist das nicht der Fall, kann jeder Wohnungseigentümer die Beschlüsse anfechten und vom Gericht für ungültig erklären lassen. Wann die erforderliche Beschlussfähigkeit nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) gegeben ist und die Eigentümergemeinschaft beschließen kann, erfahren Sie hier.
Wann die Eigentümerversammlung beschlussfähig ist – und wann nicht
Beschlussfähig ist eine Eigentümerversammlung nur dann, wenn durch die anwesenden stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten sind, wobei sich die Miteigentumsanteile nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile berechnen, § 25 Abs.3 WEG. Entscheidend für die Berechnung sind also allein die Eintragungen im Grundbuch. Andere Regelungen können zwar in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung oder durch Vereinbarung getroffen werden, sind aber in der Praxis kaum vorzufinden.
Bei einer Eigentümerversammlung stellt der Verwalter die Beschlussfähigkeit direkt nach der Begrüßung der Eigentümer fest. Daher lautet der erste Tagesordnungspunkt (TOP) in der Einladung zur (ordentlichen oder außerordentlichen) Eigentümerversammlung sinngemäß „„Begrüßung und Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung“, bevor als nächster TOP etwa „Feststellung der Beschlussfähigkeit“ aufgeführt ist. Andere TOPs werden erst später behandelt, da nur bei Beschlussfähigkeit über diese beschlossen werden kann.
Unter dem TOP „Feststellung der Beschlussfähigkeit“ muss der Verwalter die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung prüfen und protokollieren. Dazu berechnet er die Miteigentumsanteile der anwesenden oder durch Vollmacht vertretenen Wohnungseigentümer. Speziell bei größeren Eigentümergemeinschaften geschieht das durch eine Liste, auf der sich die erschienenen Eigentümer eintragen bzw. zusätzlich eintragen, welcher andere Eigentümer sie bevollmächtigt hat. Denn Eigentümer, die nicht an der Versammlung teilnehmen wollen oder verhindert sind, können teilnehmenden Eigentümern eine Vollmacht ausstellen und konkrete Anweisungen für die Abstimmungen bei den einzelnen TOPs erteilen. Die Vollmacht sollte schriftlich erstellt werden, damit die Bevollmächtigung gegenüber dem Verwalter und anderen Eigentümern nachgewiesen werden kann.
Beschlussfähigkeit ist die Eigentümerversammlung, wenn mehr als 50% der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile durch die anwesenden Eigentümer und den Vollmachten erreicht wird.
Wenn einzelne Eigentümer die Versammlung vorzeitig verlassen
Die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung hat für jeden einzelnen Beschluss zu bestehen. Verlassen einzelne oder mehrere Wohnungseigentümer vorzeitig die Versammlung, kann das aufgrund der dadurch nicht mehr vertretenen Miteigentumsanteile dazu führen, dass für die weiteren TOPs die Beschlussfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Ein solches Verhalten kann von einzelnen Eigentümern durchaus mit Berechnung geschehen, damit ihnen unliebsame Beschlüsse zumindest auf dieser Versammlung nicht gefasst werden können.
Liegt keine Beschlussfähigkeit mehr vor, kann diese allenfalls durch später zur Versammlung erscheinende Eigentümer wieder hergestellt werden. Voraussetzung dazu ist, dass die „Nachzügler“ so viele Miteigentumsanteile vertreten, dass wieder mehr als 50% der im Grundbuch eingetragenen Anteile erreicht werden.
Ist das nicht der Fall und ist die Eigentümerversammlung nicht mehr beschlussfähig, hat der Verwalter keine andere Wahl als die Versammlung vorzeitig abzubrechen. Geschieht das nicht und lässt der Verwalter trotzdem über die weiteren TOPs abstimmen, sind die dazu gefassten Beschlüssen aufgrund der fehlenden Beschlussfähigkeit anfechtbar.
Der Verwalter braucht allerdings nicht vor jeder einzelnen Abstimmung die Beschlussfähigkeit jedes Mal förmlich festzustellen. Diese Feststellung ist nur erforderlich, wenn Zweifel an der Beschlussfähigkeit offenkundig sind oder von einem Versammlungsteilnehmer geäußert werden (Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG, Beschluss vom 10.05.1989, Az.: 2Z BR 23/88).
So muss der Verwalter bei Beschlussunfähigkeit vorgehen
Ist eine Eigentümerversammlung nicht beschlussfähig, hat der Verwalter zu einer Zweitversammlung (Wiederholungsversammlung) einzuladen. Das gilt für die noch nicht behandelten TOPs ebenso, wenn einzelne Wohnungseigentümer die Versammlung vorzeitig verlassen und der Verwalter aufgrund der dadurch eingetretenen Beschlussunfähigkeit die Versammlung abbricht. Die zweite Versammlung ist dann ohne Rücksicht auf die vertretenen Anteile beschlussfähig, worauf der Verwalter bei der Einberufung bzw. im Einladungsschreiben hinzuweisen hat, § 25 Abs. 4 WEG.
Bei der Einberufung zur Zweitversammlung sind die üblichen Modalitäten einzuhalten. Das gilt insbesondere für die zweiwöchige Ladungsfrist bei der jährlichen (ordentlichen) Eigentümerversammlung Aber auch die verkürzte Ladungsfrist für eine außerordentliche Versammlung muss beachtet werden.
In der Praxis besteht häufig das Problem, dass es bei Eigentümerversammlungen an der Beschlussfähigkeit fehlt, weil zu wenige Miteigentumsanteile vertreten sind. Sowohl für den Verwalter als auch die anwesenden Eigentümer ist das stets ärgerlich, da dies für die Beteiligten mit zusätzlichem Zeitaufwand für die Zweitversammlung verbunden ist. Zudem entstehen der Eigentümergemeinschaft für die Einberufung und Durchführung der Wiederholungsversammlung weitere Kosten. Daher arbeiten manche Verwalter mit einer sogenannten Eventualversammlung. Dies bedeutet, dass in der Einladung darauf hingewiesen wird, dass bei Beschlussunfähigkeit der Erstversammlung dreißig (oder sechzig) Minuten nach der zuerst anberaumten Versammlung eine zweite Versammlung mit denselben Gegenständen stattfinden wird, die ohne Rücksicht auf die vertretenen Miteigentumsanteile beschlussfähig ist.
Da bei einer Eventualversammlung die Ladungsfrist nicht eingehalten wird, kann jeder Eigentümer die auf dieser Versammlung gefassten Beschlüsse bereits aus diesem Grund regelmäßig erfolgreich anfechten. Für den Verwalter besteht zudem das Risiko, dass er wegen der Nichteinhaltung der korrekten Ladungsfrist in finanzieller Hinsicht haftbar gemacht wird. Seriöse Verwalter werden daher nicht auf eine solche Weise vorgehen, sondern sich an die Vorgaben des WEG halten.
Zulässig ist die Einberufung einer Eventualversammlung allerdings dann, wenn diese in der Gemeinschaftsordnung ausdrücklich vorgesehen ist. In diesem Fall können einzelne Eigentümer die dort gefassten Beschlüsse nicht wegen der Missachtung der Ladungsfrist anfechten. Dagegen ist es aber nicht möglich, die Einberufung einer Eventualversammlung nachträglich durch Mehrheitsbeschluss zu genehmigen. Vielmehr ist eine einvernehmliche Vereinbarung erforderlich, mit der auch die Gemeinschaftsordnung abgeändert werden muss.
Wohnungseigentümer sollten über die Fragen zur Beschlussfähigkeit einer Eigentümerversammlung informiert sein. Gerade bei wichtigen Entscheidungen wie etwa über die Bestellung oder Abberufung eines Verwalters oder aber der Vergabe kostspieliger Sanierungsarbeiten ist die Beschlussfähigkeit von besonderer Bedeutung. Daher sollten die Eigentümer selbst mitzählen, ob die Mehrheit der Miteigentumsanteile vertreten ist.