
Bei der jährlichen Abrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (Jahresabrechnung, Hausgeldabrechnung, WEG-Abrechnung) werden die einzelnen Wohnungseigentümer mit einer Vielzahl von Begriffen konfrontiert, wie etwa Abrechnungsspitze, Abrechnungssaldo, Wohngeldsoll, Einzelabrechnung usw. Dabei ist gerade die Abrechnungsspitze von großer Bedeutung. Denn daraus ergibt sich, ob der einzelne Wohnungseigentümer für das betreffende Wirtschaftsjahr ein Guthaben hat oder eine Nachzahlung leisten muss. Hat ein Wohnungseigentümerwechsel stattgefunden, ist die Frage, ob der alte oder neue Eigentümer das Guthabenfordern kann bzw. nachzuzahlen hat. Die Antwort darauf sowie eine Erläuterung der maßgeblichen Begriffe finden Sie hier.
Abrechnungsspitze und Abrechnungssaldo sind zu unterscheiden
Durch Beschlüsse der Wohnungseigentümer werden die laufenden Verwaltungsmaßnahmen geregelt. VDamit die Wohnungseigentümergemeinschaft ausreichende finanzielle Mittel zur Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums hat, wird über die voraussichtlich entstehenden Einnahmen und Ausgaben im Kalenderjahr ein Wirtschaftsplan für die Eigentümergemeinschaft und jeweils ein Einzelwirtschaftsplan für jede Wohneinheit beschlossen. Aus dem Einzelwirtschaftsplan gehen das monatliche Hausgeld (Wohngeld) sowie die voraussichtlichen Kosten und Lasten für die jeweilige Wohneinheit hervor.
Ist das Jahr, für den der Wirtschaftsplan beschlossen wurde, abgelaufen, erstellt der Verwalter für das abgelaufene Jahr die jährliche Abrechnung der Eigentümergemeinschaft, die auf dem Wirtschaftsplan beruht. Auch hier wird eine Jahresabrechnung für die Eigentümergemeinschaft und jeweils eine Einzelabrechnung für jede Einheit beschlossen.
Speziell bei der Einzelabrechnung ist nun zwischen der Abrechnungsspitze und dem Abrechnungssoll zu unterscheiden. Die Abrechnungsspitze ist die Differenz zwischen dem Wohngeldsoll, also den im beschlossenen Einzelwirtschaftsplan veranschlagten, durch Vorschüsse (in Form des Hausgelds bzw. Wohngelds) zu deckenden Lasten und Kosten, und der anteiligen Abrechnungssumme, das heißt den anteilig tatsächlich entstandenen Lasten und Kosten (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10.02.2017, Az.: V ZR 166/16, Rz. 6). Die in der Einzelabrechnung ausgewiesene Abrechnungsspitze kann positiv (Guthaben) oder negativ (Fehlbetrag bzw. Nachzahlung) sein.
Demgegenüber ist der Abrechnungssaldo die Differenz zwischen der anteiligen Abrechnungssumme und den tatsächlich für das Wirtschaftsjahr für die Einheit gezahlten Hausgeldvorschüssen. Auch diese Differenz kann positiv (Guthaben) oder negativ (Fehlbetrag bzw. Nachzahlung) ausfallen. Wesentlicher Unterschied zur Abrechnungsspitze ist also, dass beim Abrechnungssaldo nicht das Soll der Hausgeldzahlungen laut Einzelwirtschaftsplan, sondern die tatsächlichen Hausgeldzahlungen berücksichtigt werden.
Wurden die im Wirtschaftsplan festgesetzten Hausgeldvorschüsse alle bezahlt, sind Abrechnungssaldo und Abrechnungsspitze identisch. Fehlen dagegen Vorschüsse oder Teile davon, ist der Abrechnungssaldo höher als die Abrechnungsspitze.
Die Wohnungseigentümer beschließen nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG), dass die sich aus den jeweiligen Einzelabrechnungen ergebenden Guthaben und Nachzahlungen an die Vorschüsse anzupassen sind, die nach dem Wirtschaftsplan beschlossen wurden. Damit werden die Guthaben und Nachzahlungen aus den Abrechnungsspitzen durch die Jahresabrechnung regelmäßig sofort fällig, in der Praxis durch Zugang der Einzelabrechnung beim jeweiligen Wohnungseigentümer. Dagegen müssen offene Hausgeldvorschüsse auf Grundlage des Wirtschaftsplans geltend gemacht werden. Auswirkungen können diese unterschiedlichen Rechtsgrundlagen unter anderem auf die Verjährung der Nachzahlungen und der Hausgeldvorschüsse haben, da der Wirtschaftsplan regelmäßig ein Jahr früher als die Abrechnung beschlossen wird.
Aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasste Beschlüsse müssen in das Grundbuch eingetragen werden, um Wirkung gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers zu entfalten, § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG. Das gilt auch für solche Beschlüsse, die vor dem Inkrafttreten des WEG-Reform am 01.12.2020 gefast wurden. Dafür besteht allerdings eine Frist bis zum 31.12.2025, § 48 Abs. 1 WEG.
Eigentümerwechsel: Wem was zusteht – und wer was nachzahlen muss
Die Beschlussfassung in der EigentümerversaZahlungspflichtigfür die Nachzahlung aus der Abrechnungsspitze ist derjenige Wohnungseigentümer, der während des Beschlusses zur Genehmigung der Jahresabrechnung nebst Einzelabrechnungen im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist (BGH, Urteil vom 02.12.2011, Az.: V ZR 113/11).
Der Verwalter braucht die Jahres- bzw. Einzelabrechnung über die negative (oder positive) Abrechnungsspitze grundsätzlich auch nur dem Eigentümer zusenden, der während des Beschlusses zur Genehmigung der Abrechnung im Grundbuch als Eigentümer steht. Es spielt insoweit keine Rolle, dass ein Eigentümerwechsel während des Jahres stattgefunden hat. Der Verwalter ist insbesondere nicht gehalten, aufgrund des Eigentümerwechsels etwa zwei Teilabrechnungen zum Stichtag der Wohnungsübergabe zu erstellen.
Bei offenen Hausgeldvorschüssen haftet häufig der Verkäufer und frühere Wohnungseigentümer, da die Forderungen aus dem vorangegangenen beschlossenen Wirtschaftsplan stammen, die gegenüber dem früheren Eigentümer gelten. Diese Forderungen muss der Verwalter dem früheren Eigentümer auch mitteilen und gegebenenfalls gegen ihn durchsetzen.
Insgesamt sind beim Eigentümerwechsel hinsichtlich des Guthabens bzw. der Nachzahlung aus der Abrechnungsspitze und offenen Hausgeldvorschüssen folgende Konstellationen denkbar:
- Negative Abrechnungsspitze, alle Hausgeldvorschüsse bezahlt
Die im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Abrechnung im Grundbuch eingetragene Person (meistens der Käufer und neue Eigentümer) haftet für die Nachzahlung aus der Abrechnungsspitze.
- Negative Abrechnungsspitze, Verkäufer hat nicht alle Hausgeldvorschüsse bezahlt
Der Käufer haftet für die Nachzahlung, während der Verkäufer seine nach dem Wirtschaftsplan offenstehenden Hausgeldvorschüsse zahlen muss.
- Negative Abrechnungsspitze, Käufer hat nicht alle Hausgeldvorschüsse bezahlt
Hier muss der Käufer für die Nachzahlung aus der Abrechnungsspitze und für die aus dem Wirtschaftsplan geschuldeten Hausgeldvorschüsse einstehen. Der Verkäufer, der alle Hausgeldvorschüsse erbracht hat, braucht nichts zu zahlen.
- Negative Abrechnungsspitze, keiner hat alle Hausgeldvorschüsse bezahlt
Der Käufer haftet für die Nachzahlung aus der Abrechnungsspitze und für die aus dem Wirtschaftsplan offenstehenden Hausgeldvorschüsse ab dem Eigentumsübergang. Der Verkäufer hat die nach dem Wirtschaftsplan nicht erbrachten Hausgeldvorschüsse bis zum Eigentumsübergangzu leisten.
- Positive Abrechnungsspitze, alle Hausgeldvorschüsse bezahlt
Der Beschluss über die Abrechnung hat keine Wirkung gegenüber dem Verkäufer, wenn dieser bei der Beschlussfassung über die Abrechnung im Grundbuch nicht mehr eingetragen war. Das Guthaben steht daher dem Käufer zu.
- Sonderfall: Vorfälligkeitsklausel in der Gemeinschaftsordnung
In manchen Gemeinschaftsordnungen ist eine sogenannte Vorfälligkeitsklausel enthalten, wonach ein Wohnungseigentümer für das gesamte Wirtschaftsjahr alle nach dem beschlossenen Wirtschaftsplan zu erbringenden Hausgeldvorschüsse in einem Beitrag komplett zu leisten hat, wenn er mit der Zahlung von Hausgeldvorschüssen in einer bestimmten Höhe in Verzug ist. Damit werden ab dem Verzug die bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs zu zahlenden Hausgeldvorschüsse im Vergleich zu der sonstigen Zahlweise vorher fällig.
Muss nun der Verkäufer aufgrund der Vorfälligkeitsklausel die gesamten Hausgeldvorschüsse zahlen, braucht der Käufer für die Monate nach dem Eigentumsübergang keine Vorschüsse laut Wirtschaftsplan mehr zu leisten, da insoweit keine Forderungen mehr bestehen. Der Käufer haftet lediglich für eine negative Abrechnungsspitze, da er zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Abrechnung im Grundbuch als Eigentümer steht.mmlung ist der gesetzliche Regelfall, § 23 Abs. 1 WEG. Dabei
Käufer und Verkäufer einer Eigentumswohnung sollten im notariellen Kaufvertrag stets Regelungen vereinbaren, die einen internen Ausgleich zwischen den Parteien für Abrechnungsspitzen und gezahlten Hausgeldvorschüsse in der Form schaffen, dass jede Partei nur in der Zeit als Eigentümer der Wohnung an Nachzahlungen oder Guthaben beteiligt ist.