Die Wohnungseigentümer sind Inhaber der Rechte und Pflichten nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG), soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist, § 10 Abs. 1 WEG. Etwas anderes bestimmt § 10 Abs. 6 WEG, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft selber Rechte haben und Pflichten eingehen kann sowie vor Gericht klagen und verklagt werden darf. Insbesondere das Verwaltungsvermögen gehört der Wohnungseigentümergemeinschaft, § 10 Abs. 7 WEG. Damit ist die Eigentümergemeinschaft in bestimmten Bereichen rechtsfähig – eben teilrechtsfähig. Das hat erhebliche Auswirkungen in der Praxis.
Teilrechtsfähigkeit: In welchem Bereich die Eigentümergemeinschaft rechtsfähig ist
Rechtsfähigkeit bedeutet, Rechte und Pflichten zu haben, eigenes Vermögen zu begründen und darüber zu verfügen sowie in einem Gerichtsverfahren parteifähig zu sein, also klagen und verklagt werden zu können. Natürliche Personen sind von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod rechtsfähig. Bei juristischen Personen des Privatrechts beginnt die Rechtsfähigkeit regelmäßig mit dem Eintrag in das entsprechende Register (etwa bei der GmbH mit dem Eintrag in das Handelsregister) und bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit der Verleihung (etwa Gebietsköperschaft).
Aber auch die Teilrechtsfähigkeit ist anerkannt. Diese besteht bei (Gesamthands-)Gemeinschaften, die weder natürliche noch juristische Personen sind, wie etwa die OHG, KG, GbR, den nichteingetragenen Verein sowie die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Bei der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht die Rechtsfähigkeit im Bereich der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, insbesondere des Verwaltungsvermögens, also in allen Bereichen, in denen die Wohnungseigentümer als Gemeinschaft bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums aktiv oder passiv am Rechtsverkehr teilnehmen. Dies betrifft insbesondere Rechtsgeschäfte im Außenverhältnis wie etwa der Abschluss von Verträgen, gilt aber auch im Innenverhältnis wie etwa bei der Durchsetzung von Hausgeldansprüchen gegen einzelne Eigentümer. Demgegenüber besteht keine Rechtsfähigkeit im Bereich von Angelegenheiten der internen Willensbildung und des individuellen Rechtsverkehrs des einzelnen Wohnungseigentümers, wie etwa bei der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen. Aufgrund dessen, dass die Eigentümergemeinschaft teilweise rechtsfähig und teilweise nicht rechtsfähig ist, besteht Teilrechtsfähigkeit.
Keine Rolle hinsichtlich der Teilrechtsfähigkeit spielen die Größe einer Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. die Anzahl der Wohnungseigentümer.
Verwaltungsvermögen: So wirkt sich die Teilrechtsfähigkeit aus
Das zur teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft gehörende Verwaltungsvermögen umfasst alle Rechte und Verbindlichkeiten, die sich aus der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums ergeben, § 10 Abs. 7 WEG. Damit unterliegen dem Verwaltungsvermögen im Wesentlichen
Zudem bestehen für die Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums folgende Besonderheiten: Die Eigentümergemeinschaft
In der Praxis wirkt sich dies so aus, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft quasi als eigene Rechtspersönlichkeit bzw. als Verband über das Verwaltungsvermögen verfügt sowie die Rechte und Pflichten hieraus wahrnimmt. Wird also etwa ein Gewährleistungsanspruch gegenüber einen Handwerker wegen Arbeiten am Gemeinschaftseigentum geltend gemacht, tritt als Anspruchsinhaber die Eigentümergemeinschaft als Verband auf.
Umgekehrt erstreckt sich die Haftung für Verbindlichkeiten des Verwaltungsvermögens nicht auf die Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner (also die persönliche Haftung jedes einzelnen Eigentümers in voller Höhe), sondern auf die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband. Hat etwa der Heizöllieferant eine Forderung, muss er diese gegen die Eigentümergemeinschaft geltend machen und notfalls einen vollstreckbaren Titel (etwa Vollstreckungsbescheid, Urteil) erwirken, aus dem er gegen die Eigentümergemeinschaft vollstrecken kann.
Die Teilrechtsfähigkeit führt zur Doppelfunktion des Verwalters
Aufgrund der Teilrechtsfähigkeit steht der Verwalter zum einen der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband sowie zum anderen den Wohnungseigentümern in ihren internen und individuellen Angelegenheiten gegenüber. Auch im Gesetz wird diese Unterscheidung getroffen. So regelt
Die Doppelfunktion hat zur Folge, dass
In der Praxis wirkt sich diese Unterscheidung vor allem bei Streitigkeiten aus. So ist stets genau zu prüfen, an wen welche Ansprüche zu stellen sind.
Ist kein Verwalter vorhanden, vertreten alle Wohnungseigentümer die teilrechtsfähige Gemeinschaft, 27 Abs. 3 Satz 2 WEG, wobei die Eigentümer jedoch auch einen oder mehrere Wohnungseigentümer zu Vertretern der Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmen können, 27 Abs. 3 Satz 3 WEG.
Gerichtsverfahren: Auch hier kommt es auf die Teilrechtsfähigkeit an
Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, sind die Parteien – also Kläger und Beklagter – genau zu bezeichnen. Zwar ist das Gericht verpflichtet, auf eine fehlerhafte Parteibezeichnung nach Eingang der Klage hinzuweisen. Aber ein solcher Fehler kann im ungünstigsten Fall dazu führen, dass die Klage zurückgenommen werden muss oder abgewiesen wird, was neben unnötigen Kosten auch zu möglichen Fristversäumnissen führt. Gerade im Wohnungseigentumsrecht ist daher aufgrund der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft genau zu unterscheiden, ob die Eigentümergemeinschaft als Verband, die einzelnen Wohnungseigentümer oder der Verwalter Partei des Rechtsstreites ist. Dabei ist das Verfahren beim zuständigen Gericht zu führen, also beim Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, § 43 WEG.
Folgende Streitigkeiten bzw. Parteibezeichnungen sind zu unterscheiden:
- Streitigkeiten der Eigentümer untereinander, § 43 Nr. 1 WEG
Betroffen sind hier nur die Wohnungseigentümer, die jeweils in der Klage- und Klageabweisungsschrift mit ladungsfähiger Anschrift anzugeben sind. Handelt es sich nur um Streitigkeiten einzelner Eigentümer, sind die übrigen beizuladen, § 48 Abs. 1 WEG.
- Streitigkeiten zwischen der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft und Eigentümern, 43 Nr. 2 WEG
Der typische Fall ist die Geltendmachung rückständiger Hausgelder der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einzelne Eigentümer. Die Eigentümergemeinschaft als Verband wird hier durch den Verwalter vertreten. Sie ist in der Klage bzw. Klageabweisung sinngemäß zu bezeichnen als
Wohnungseigentümergemeinschaft Musterweg 1 – 5, 12345 Musterstadt, vertreten durch den Verwalter Bernd Beispiel, Beispielgasse 1, 56789 Beispielburg
- Streitigkeiten zwischen der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft, Eigentümern und Verwalter, 43 Nr. 3 WEG
Die Vorschrift regelt Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Parteien können hier die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband, einzelne Wohnungseigentümer oder der Verwalter sein. Ist der Verwalter nicht als Partei am Verfahren beteiligt, ist er beizuladen, § 48 Abs. 1 WEG. Der Verband ist in der Klage bzw. Klageabweisung sinngemäß zu bezeichnen als
Wohnungseigentümergemeinschaft Musterweg 1 – 5, 12345 Musterstadt, vertreten durch den Verwalter Bernd Beispiel, Beispielgasse 1, 56789 Beispielburg
- Streitigkeiten über Beschlüsse der Wohnungseigentümer, § 43 Abs. 4 WEG
Kläger ist hier regelmäßig der einzelne Wohnungseigentümer, Beklagte die alle im Grundbuch eingetragenen anderen Eigentümer. Der Verwalter ist beizuladen, § 48 Abs. 1 WEG.
- Klagen Dritter gegen die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft oder Eigentümer, § 45 Abs. 5 WEG
Bei Streitigkeiten mit einem Gegenstandswert von mehr als 5.000 Euro ist nicht mehr das Amtsgericht, sondern das Landgericht zuständig,
- Mahnbescheid der rechtsfähige Eigentümergemeinschaft als Antragsteller, § 43 Abs. 6 WEG
Der Verband wird durch den Verwalter vertreten. Antragsteller im Mahnverfahren ist sinngemäß die
Wohnungseigentümergemeinschaft Musterweg 1 – 5, 12345 Musterstadt, vertreten durch den Verwalter Bernd Beispiel, Beispielgasse 1, 56789 Beispielburg