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Stimmrechtsausschluss in der Eigentümerversammlung

Ob ein Stimmrechtsverbot vorliegtFür Wohnungseigentümer ist ihr Stimmrecht von erheblicher Bedeutung, da sie nur durch Abstimmungen die Geschicke der Verwaltung der Eigentums-Wohnungsanlage mit beeinflussen können. Sieht die Teilungserklärung keine andere Stimmgewichtung vor, gilt das sogenannte Kopfprinzip nach § 25 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG), wonach jeder Eigentümer eine Stimme hat und Miteigentümer einer Eigentumswohnung ihr Stimmrecht nur gemeinsam ausüben können. Trotz der hohen Bedeutung kann das Stimmrecht einem Eigentümer in bestimmten Fällen entzogen werden. Wann das im Einzelnen der Fall ist, erfahren Sie in diesem Artikel.

In diesen Fällen ist ein Stimmrechtsausschluss möglich

Das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers in der Wohnungseigentümerversammlung ist ausgeschlossen, wenn eine der drei Fallgruppen des § 25 Abs. 5 WEG vorliegt. Dabei handelt es sich regelmäßig um Fälle, in denen eine Interessenkollision zwischen den Wohnungseigentümern und dem vom Stimmrechtsausschluss betroffenen Eigentümer vorliegt.

Ob ein Stimmrechtsverbot vorliegt, hat der Versammlungsleiter bzw. Verwalter vor der Durchführung der Eigentümerversammlung zu entscheiden. Macht der Verwalter dabei Fehler und wird deswegen ein Beschluss wirksam angefochten, drohen ihm Schadensersatzansprüche. Dabei sollte der Verwalter auch beachten, dass im ungünstigsten Fall die Eigentümerversammlung insgesamt oder zu einzelnen Tagesordnungspunkten beschlussunfähig werden kann, weil durch den Stimmrechtsausschluss die erforderliche Mehrheit nicht mehr gegeben ist.

Beschlussfassung betrifft ein Rechtsgeschäft mit einem Eigentümer, das sich auf die Verwaltung bezieht

Bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft mit einem Wohnungseigentümer, das sich auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezieht, ist das Stimmrecht des betreffenden Eigentümers ausgeschlossen, § 25 Abs. 5, 1. Alternative WEG. Der Begriff des „Rechtsgeschäfts“ umfasst Verträge und geschäftsähnliche Handlungen, wie etwa Fristsetzungen, Mahnungen, Wahl des Gewährleistungsrechts oder Schadensersatzansprüche.

Vom Stimmrechtsverbot betroffen sind alle Wohnungseigentümer, die etwa als Architekt, Bauträger, Darlehensgeber, Dienstleister, Handwerker, Lieferant oder Werkunternehmer mit der Eigentümergemeinschaft ein Rechtsgeschäft abschließen wollen. Soll darüber ein Beschluss gefasst werden, steht dem betreffenden Eigentümer kein Stimmrecht zu.

Praxis-Beispiel: „Deklaratorisches“ Rechtsgeschäft

(nach Kammergericht (KG) Berlin, Beschluss vom 07.02.2005, Az.: 24 W 27/04) 

Das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers wurde durch Mängel im Gemeinschaftseigentum beschädigt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft war sich einig, dass sie den Schaden am Sondereigentum ersetzen musste. Sie beschloss daher unter Mitwirkung des geschädigten Eigentümers, dass der Schaden aus der Instandhaltungsrücklage bezahlt werden sollte.

Folge: Der Beschluss ist unwirksam. Der geschädigte Eigentümer war vom Stimmrecht ausgeschlossen, da sich die Beschlussfassung auf ein Rechtsgeschäft mit ihm bezog. Denn mit der Beschlussfassung über die Zahlung aus der Rücklage wurde die bestehende Zahlungspflicht der Eigentümergemeinschaft nochmals bestätigt, so dass ein sogenanntes deklaratorisches (rechtsbekundend, klar- oder feststellend) Rechtsgeschäft vorlag.

Aber auch die Entlastung des Verwalters ist ein Rechtsgeschäft, da sie ein negatives Schuldanerkenntnis im Sinne des § 397 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) enthält, womit Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter grundsätzlich ausgeschlossen werden.

Daher kann der Verwalter nicht über

  • seine Entlastung mit abstimmen, wenn er selber Wohnungseigentümer Dies gilt ebenso für seine Vergütung für eine von ihm übernommene Geschäftsbesorgung, da dies ein Rechtsgeschäft mit sich selber ist (Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Beschluss vom 18.12.1986, Az.: BReg 2 Z 81/85). Ferner darf er nicht über den Abschluss, die Änderung und die Auflösung (Kündigung) des Verwaltervertrags mit sich selber abstimmen
  • seine Entlastung mit abstimmen, wenn er selber zwar kein Wohnungseigentümer ist, ihm aber das Stimmrecht von anderen Eigentümern mit wirksamen Vollmachten übertragen wurde (Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 08.11.2006, Az.: 16 WX 165/06)
  • die Jahresabrechnung mit abstimmen, wenn er selber Wohnungseigentümer ist oder ihm als Nicht-Eigentümer das Stimmrecht von anderen Eigentümern mit wirksamen Vollmachten übertragen wurde und (gemäß der Tagesordnung) über seine Entlastung nicht gesondert beschlossen werden soll. Denn hier wird dem Verwalter bereits mit Beschluss über die Jahresabrechnung konkludent (durch schlüssiges Handeln) die Entlastung erteilt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.10.2000, Az.: 3 Wx 92/00; anders Landgericht (LG) München, Urteil vom 11.09.2014, Az.: 1 T 15087/14, wonach es der Auslegung des jeweiligen Beschlusses bedarf)

Hingegen darf ein Wohnungseigentümer, der Verwalter werden soll, bei der Beschlussfassung über seine Bestellung mit abstimmen. Denn bei der Bestellung handelt es sich nicht um ein Rechtsgeschäft, sondern um die Wahrnehmung der mitgliedschaftlichen Interessen. Das gilt grundsätzlich auch bei der Abberufung eines Wohnungseigentümer-Verwalters. Soll jedoch die Abberufung aus einem wichtigen Grund (etwa schwere Pflichtverletzung) erfolgen, darf der Wohnungseigentümer-Verwalter nicht mit abstimmen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 19.09.2002, Az.: V ZB 30/02).

Noch komplizierter wird es, wenn zugleich in einem Beschluss über die Bestellung und den Abschluss des Verwaltervertrag abgestimmt werden soll, da der potentielle Wohnungseigentümer-Verwalter zwar bei seiner Bestellung, nicht aber beim Abschluss des Verwaltervertrages mit abstimmen kann. In diesem speziellen Fall, in dem gleichzeitig über Bestellung und Vertragsabschluss beschlossen wird, hat der betreffenden Eigentümer ein Abstimmungsrecht (vgl. auch hier BGH, Beschluss vom 19.09.2002, Az.: V ZB 30/02).

Beschlussfassung betrifft einen Rechtsstreit der Wohnungseigentümer mit einem Eigentümer

Ebenso ist ein Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung ausgeschlossen, soweit diese die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft, § 25 Abs. 5, 2. Alternative WEG. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift gilt dies auch für die Abstimmung über verfahrensbezogene Maßnahmen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 06.12.2013, Az.: V ZR 85/13).

Damit gilt der Stimmrechtsausschluss für eine Beschlussfassung über

  • die Aussetzung oder Fortsetzung des Verfahrens
  • die Einlegung oder der Verzicht auf Rechtsmittel
  • eine Klagerücknahme
  • Stellungnahmen im Prozess
  • sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen+

Praxis-Beispiel: Finanzierung der Prozesskosten

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist von einem Eigentümer auf Zahlung von 30.000 Euro verklagt worden.

Die Eigentümer möchten nun beschließen, sich gegen die Klage zu verteidigen, dazu einen Rechtsanwalt zu beauftragen und die Anwaltskosten durch eine Sonderumlage zu finanzieren.

Folge: Zwar handelt es sich um keine Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen einen Wohnungseigentümer. Da aber bei den Beschlüssen der anderen Eigentümer ebenfalls eine Interessenkollision mit dem klagenden Eigentümer droht, ist dieser in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 5, 2. Alternative WEG mit seinem Stimmrecht hier ausgeschlossen.

Der betreffende Wohnungseigentümer kann in einem solchen Fall sein Stimmrechtsverbot auch nicht dadurch aushebeln, dass er für sich durch eine entsprechende Bevollmächtigung einen anderen Eigentümer abstimmen lässt.

Der Eigentümer wurde zur Entziehung seines Wohnungseigentums rechtskräftig verurteilt

Schließlich ist das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers ausgeschlossen, wenn er zur Entziehung seines Wohnungseigentums vom Gericht rechtskräftig verurteilt wurde, § 25 Abs. 5, 3. Alternative WEG. Bis zur Rechtskraft der Gerichtsentscheidung besteht das Stimmrecht allerdings grundsätzlich fort.

Praxis-Beispiel: Stimmrecht eines Eigentümer bei Entziehung der Eigentumswohnung

In einer Wohnungseigentümerversammlung soll über die Jahresabrechnung, den Wirtschaftplan für das kommende Jahr und der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens wegen der Entziehung der Wohnung eines Eigentümers beschlossen werden.

Folge: Der von der Entziehung betroffene Eigentümer kann über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan mit abstimmen, da noch kein rechtkräftige Gerichtsentscheidung über die Entziehung vorliegt. Er darf aber nicht über die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens wegen der Entziehung mit abstimmen. Zwar gilt auch hier, dass noch keine gerichtliche Entscheidung vorliegt. Die Einleitung des gerichtlichen Entziehungsverfahrens ist aber die Einleitung eines Rechtstreites nach § 25 Abs. 5, 2. Alternative WEG, so dass der betroffene Eigentümer dafür ein Stimmrechtsverbot hat.

Kein Stimmrechtsverbot durch Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung oder Beschluss

In manchen Teilungserklärungen oder Gemeinschaftsordnungen, seltener aber auch in den Beschlusssammlungen einer Wohnungseigentümergemeinschaft, finden sich Formulierungen wie etwa:

Die Versammlung kann einen Wohnungseigentümer, der mit Zahlungen von Beiträgen länger als einen Monat in Verzug ist, von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung und der Abstimmung ausschließen. Der Betroffene hat hierbei kein Stimmrecht. Mit vollständiger Zahlung der Rückstände entfällt die Wirkung des obigen Beschlusses.

Solche und ähnliche Klauseln sind unwirksam, da das WEG keine Regelungen enthält, einen Eigentümer wegen Zahlungsverzug vom Stimmrecht oder der Versammlung auszuschließen. Zudem wirkt sich der unzulässige Ausschluss auch auf die in der Versammlung gefassten Beschlüsse aus, da ein schwerwiegender Verstoß in Form des Ausschlusses von Stimmrecht und Versammlung in den Kernbereich elementarer Mitwirkungsrechte eingreift (BGH, Urteil vom 10.12.2010, Az.: V ZR 60/10).

Nicht entschieden haben die Karlsruher Richter, ob ein solcher auf einer Eigentümerversammlung gefasster Beschluss nur anfechtbar oder sogar nichtig ist. Von einem solchen Beschluss betroffene Eigentümer sollten diesen daher fristgemäß innerhalb von einem Monat nach der Beschlussfassung anfechten.

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